
100 JAHRE TEXTIL- UND FASERFORSCHUNG
1921-1970

Vorgeschichte: In der Epoche der Industrialisierung nimmt die Textilbranche eine Vorreiterrolle ein. Die handwerkliche Textilherstellung reicht zur Versorgung der schnell wachsenden Bevölkerung nicht mehr aus. Um Gewerbe und Industrie zu entwickeln, ist gut ausgebildetes Fachpersonal nötig. Dafür wird 1855 in Reutlingen eine Webschule eröffnet. Hier werden Spinner, Weber, Wirker und bald auch Textilveredler ausgebildet.

1921 - Aus der Reutlinger Webschule entsteht bis zum ersten Weltkrieg das Reutlinger Technikum für Textilindustrie, ein umfassendes textiles Ausbildungszentrum. Geplant ist auch ein von der Lehre unabhängiges Forschungsinstitut, das jedoch erst nach dem Krieg Wirklichkeit wird: Am 10. Januar 1921 wird das Deutsche Forschungsinstitut für Textilindustrie in Reutlingen-Stuttgart „durch Entschließung des Staatsministeriums“ als Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet.

1936 - Das Forschungsinstitut und das Reutlinger Technikum legen die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für die aufstrebende Textilindustrie. Immer mehr spielen dabei auch chemische Fragen eine Rolle. Seit 1936 verfügt das Deutsche Forschungsinstitut für Textilindustrie auch über eine eigene Forschungsabteilung für Textilchemie.

1937 - Fast zeitgleich zur Abteilung Textilchemie in Reutlingen entsteht in Denkendorf die Zellwolle-Lehrspinnerei GmbH, eine staatliche Forschungseinrichtung speziell für Viskosefasern. Hier sorgt man dafür, dass die neue teilsynthetische Faser aus heimischen Rohstoffen in der Industrie verarbeitet werden kann. Nach dem 2. Weltkrieg werden die Aktivitäten auf alle modernen Chemiefasern ausgeweitet.

1962 - An der Technischen Hochschule Stuttgart wird ein Lehrstuhl für Textilchemie eingerichtet und mit dem Leiter der Abteilung für Textilchemie des Reutlinger Forschungsinstituts besetzt. Es folgt der Umzug des Instituts für Textilchemie nach Stuttgart-Wangen. Hier entsteht 1968 zusätzlich ein Institut für Chemiefasern.

1970 - Das Technikum für Textilindustrie wird in die neu entstehende Hochschule Reutlingen integriert. Das Institut für Textil- und Verfahrenstechnik wird unabhängig und erweitert sein Arbeitsfeld: Neben der klassischen Textiltechnik werden Umwelttechnik, Medizintextilien, Datenverarbeitung und Management wichtig. Zugleich werden Pläne für ein umfassendes Textilforschungszentrum entwickelt und schließlich Denkendorf als neuer Standort gewählt.