Für die Forschungen im ITV-Leichtbauzentrum und für Kundenversuche steht an den DITF eine Tapelege-Anlage zum konturnahen Legen von Thermoplast-Faserbändchen (TP-Tapes) zur Verfügung. Die neue Anlage wird für Forschungsprojekte eingesetzt, die die Produktionstechnik von 3D-geformten Faserverbundkunststoff-Bauteilen (FVK) weiterentwickeln.
Glasfaser- und Kohlenstofffaser–Verbundwerkstoffe sind im Vergleich zu Metallen bei gleicher geforderter Steifigkeit und Festigkeit deutlich leichter und erreichen bei kraftflussgerechter Ablage der Faser eine Gewichtsreduzierung um 80%. Faserverbundwerkstoffe besitzen außerdem eine geringe Wärmeausdehnung und hohe Korrosionsbeständigkeit.
Während Metalle isotrope, also richtungsunabhängige Eigenschaften aufweisen, entstehen die gerichteten, also anisotropen Eigenschaften eines Faserverbundbauteils erst bei der Fertigung vor allem durch die gezielte Orientierung der Verstärkungsfasern. Dieses Prinzip ist aus der Natur bekannt: Dort wo Verstärkungsfasern gebraucht werden um äußere Kräfte abzufangen, werden diese gezielt eingebracht oder angehäuft. Überall dort wo weniger Kräfte im Bauteil vorherrschen, werden Fasern ausgedünnt oder auch ganz weggelassen.
Speziell die Tapelegetechnik ermöglicht eine solche Herstellung von Bauteilen mit geringstem Gewicht, indem mit Matrix imprägnierte Hochleistungs-Faserbändchen entlang den wirkenden Kräften im Bauteil definiert abgelegt werden. Neue Möglichkeiten in der FEM-Berechnung unterstützen eine solche gezielte Faserablage, beispielsweise Topologieoptimierungsmodule der Firmen Altair und Mollenhauer.
In der am ITV Denkendorf aufgebauten Tapelege-Anlage der Compositence GmbH ist der Tape-Legekopf an einem Knickarm-Roboter befestigt. Mit dem Legekopf können bis zu 16 12mm breite Tapebändchen nebeneinander in frei programmierbaren Bahnen auf ein Formwerkzeug aufgelegt werden.
Jeweils am Bauteilrand am Ende der Bahn werden die Tapes durch ein Messer abgeschnitten und der Vorgang beginnt von neuem. Nur zu Beginn des Legeprozesses werden die einzelnen Bändchen mit wenig „Sprühkleber“ am Rand der Form fixiert. Im folgenden fährt der Legekopf ohne Berührung der Form bzw. der bereits abgelegten Faserpakete ans Ende der Form, an welchem die Bändchen ebenfalls fixiert werden.
Hierbei wird ein spezieller Vorteil des Tapelegens genützt: die Ablage der Fasern findet in der Ebene statt, das Faserpaket wird erst in einem folgenden Umformprozess in eine dreidimensionale Struktur umgeformt. Dies ermöglicht eine hohe Geschwindigkeit bei der Faserablage und gleichzeitig eine hohe Gestaltungsfreiheit in der Bauteilgeometrie.
Die Ablage der Faser-Tapes wird so lange wiederholt, bis das Bauteil mit den geforderten Faserrichtungen in den einzelnen Lagen bis zur berechneten Dicke des Bauteils aufgebaut ist.
Da die Fasern gestreckt in den einzelnen Lagen liegen, sind Bauteile aus gelegten Tapes im Vergleich zu Geweben und Geflechten fester und steifer, besitzen jedoch verringerte Crasheigenschaften sowie eine verringerte Strukturintegrität.
Ein weiterer Vorteil des Tapelegens ist, dass im Vergleich zu anderen Herstellungsverfahren der Faserverbundtechnik sehr wenig Verschnitt und damit Faserabfall erzeugt wird. Während bei einigen Herstellungsverfahren bis zu 35% des teilweise sehr teuren Materials im (Sonder-) Müll landet, ist der Verschnitt beim Tapelegen mit höchstens 10% des Ausgangsmaterials wesentlich geringer.
Die Tapelegetechnik bietet zwei Möglichkeiten: im ersten Fall wird ein Bauteil ganz aus Tapes aufgebaut, mit höchsten mechanischen Eigenschaften aber auch langer Herstellungsdauer. Im zweiten Fall werden zugeschnittene textile Lagen aus Gelegen oder Geweben mit zusätzlichen Tapes verstärkt, beispielsweise als hochfeste Verbindung von Krafteinleitungspunkten. Dies kann die Prozesszeit und damit die Herstellkosten verringern.
Am ITV Denkendorf wird mit der Tapelege-Anlage vor allem diese Technik der Endlosfaser-Einleger weiterentwickelt, so dass lastflussgerecht gelegte Einleger im Spritzguss und der Presstechnik eingesetzt werden können. Bedarf für diese Entwicklungen gibt es vor allem in der Massenproduktion, in der die Qualität der kostengünstigen Grundstrukturen durch die lokal eingebrachten Einleger deutlich erhöht werden kann.
So können neue Anwendungsbereiche, zum Beispiel in der Automobilindustrie, erschlossen werden. In aktuellen Kooperationsprojekten des ITV Denkendorf mit der Industrie werden grundlegende Fragestellungen bearbeitet, wie zum Beispiel eine bessere Durchtränkung trocken gelegter Roving-Tapes, die Herstellung noch dünnerer breitgelegter Spread-Tows, eine Kombination von Wickelverfahren mit Tapelegen oder die Verarbeitung von Tows aus recyceltem Carbon.