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Energieeffizientes textiles Bauen nach dem Vorbild des Eisbärfells

PD Dr.-Ing. Thomas Stegmaier

Kompetenzzentrum Textilchemie, Umwelt & Energie
Beauftragter für Nachhaltigkeit (CSO)

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Der Eisbärpavillon auf dem Gelände der DITF in Denkendorf

Textile Membran-Materialien stehen wie kein anderer Baustoff für eine vielfältige und avantgardistische Architektur für Stadien, Flughäfen, Zelte und vieles mehr. Die intelligenten Lösungen für Gebäudehüllen und Dächer sehen nicht nur ansprechend und außergewöhnlich aus, sondern haben gegenüber konventionellen Bauten auch viele Vorteile, wie Lichtdurchlässigkeit, Materialeffizienz und Transportfähigkeit.

Nachteile waren bisher die unzureichende Wärmedämmung und die Energieversorgung. Das Institut für Textil- und Verfahrenstechnik hat dafür eine Lösung gefunden, für das der Eisbär Pate stand. Inspiriert durch die solarthermischen Funktionen des Eisbärfells wurde am Institut für Textil- und Verfahrenstechnik (ITV) Denkendorf im Rahmen eines Verbundforschungsprojekts mit kompetenten Partnern aus der Industrie der sogenannte Eisbär-Pavillon gebaut – ein energieautarker, textiler Membranbau mit futuristischer Architektur.

Die Denkendorfer Forscherinnen und Forscher schufen mit den Partnern nicht nur ein textiles Gebäude mit klimatisierten Innenräumen, sondern statteten es gleichzeitig mit einer eigenständigen Energiegewinnung und Energiespeicherung aus.

Solarkollektor aus Textil

Bionik bedeutet, von der Natur zu lernen. Also wurde zunächst die solarthermische Funktion des Eisbärfells analysiert. Obwohl das Fell durch die reflektierende Sonne weiß aussieht, besteht es aus farblosen Haaren. Diese leiten einen Teil des Sonnenlichtes an die schwarze Oberhaut weiter und sorgen für die Umwandlung von solarer Strahlung in Wärmeenergie.

Die textile Hülle des Eisbär-Pavillons folgt diesem Prinzip: Einfallendes Sonnenlicht trifft auf einen Solarkollektor, der mit Luft durchströmt wird. Dieser flexible Sonnenkollektor dient als äußerst effizienter Energie-Wärmetauscher. Die unterste Lage besteht aus schwarz beschichtetem Textilgewebe und bildet den „Absorber“, der die Energie aufnimmt und Temperaturen bis über 140 Grad standhält.

Darüber kommt die luftführende Schicht, die aus einem sehr offenen Abstandsgewirke gebildet ist. Das Material ermöglicht eine hohe Transparenz und sorgt für eine flexible Wärmedämmung. Die Decklagen erhöhen die thermische Isolation und lassen trotzdem das Sonnenlicht hindurch.

Der Eisbär-Pavillon verfügt auf der Südseite über fünf flexible Solarkollektorbahnen. Die hierin erzeugte Warmluft wird über das Dach des Pavillons zur Beheizung des Gebäudes geführt.

Das System erlaubt freitragende Spannweiten von bis zu 10 m und gekrümmte, frei formbare Flächen, was den Architekten einen großen kreativen Spielraum bietet.

Im Sommer Wärme für den Winter speichern

Neu ist auch das Langzeit-Wärmeenergiespeichersystem des Gebäudes. Der Energiespeicher kann Wärmeenergie in physikalisch-chemische Energie umsetzen und nahezu verlustfrei speichern. Die patentierte Entwicklung kann den Tag/Nacht-Temperaturwechsel ausgleichen und im Sommer ausreichend Wärme speichern, um den Pavillon im Winter zu beheizen. Das Speichermedium besteht aus Silikagel, das viel Feuchtigkeit aus der Umgebung bindet. Viele kennen diese Kügelchen, die in kleine Papiertütchen oder Kissen gefüllt feuchtigkeitsempfindlichen Waren beigelegt werden. Beim Trocknen nimmt das Gel Wärme auf, die es wieder abgibt, sobald es befeuchtet wird. Bei der Befeuchtung entsteht eine Temperaturerhöhung der Luft um ca. 25°C, die für die Beheizung über einen Wärmetauscher benutzt wird. Das Granulat kann problemlos 2.000 Be- und Entladezyklen bewältigen.

Die flexiblen Solarkollektoren in der textilen Gebäudehülle in Kombination mit der patentierten Wärmespeicherung sorgen für eine exzellente Energieeffizienz und machen den Pavillon energieunabhängig: Die Sonne allein reicht aus, um den Pavillon im Sommer wie im Winter warm zu halten.

Der Eisbärpavillon gibt damit wichtige Impulse für das textile Bauen. Leichte, lichtdurchlässige Bauten können eine Energiebilanz aufweisen, die die heutigen und zukünftigen Anforderungen an ressourcenschonendes Bauen erfüllt.

 

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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