Neue Harzsysteme ermöglichen Vereinfachung der Prozesstechnik
Faserverstärkte Kunststoffe (FVK) überzeugen durch hervorragende Eigenschaften wie hohe Festigkeiten, geringes Gewicht, Steifigkeit und Schwingungsdämpfung. So verwundert es nicht, dass der Markt für diese Werkstoffe kontinuierlich wächst. Prognosen gehen von bis zu zweistelligen jährlichen Wachstumsraten aus. Den besonderen Eigenschaften der FVK stehen bisher jedoch aufgrund der aufwändigen Herstellungsverfahren relativ hohe Produktionskosten gegenüber. Zur weitreichenden Etablierung von FVK in der industriellen Serienproduktion sind niedrige Rohstoffkosten ebenso wie kostengünstige Produktionstechniken erforderlich. Diese müssen so ausgelegt sein, dass sie die Herstellung von Bauteilen hoher und vor allem konstanter Güte ermöglichen – Anforderungen, die besonders bei großen Bauteilen wie Rotorblättern von Windenergieanlagen nicht immer leicht zu erfüllen sind. Die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) entwickeln Harzsysteme, die den bisher hohen Aufwand in der Prozesstechnik deutlich reduzieren und eine kostengünstige Herstellung ermöglichen.
Keramische Faserverbundwerkstoffe, sogenannte CMCs (Ceramic Matrix Composites) sind ein besonderes Material: Sie sind hochtemperaturbeständig und widerstehen durch die Verstärkung mit keramischen Fasern rasche und starke Temperaturänderungen unbeschadet – ganz im Gegensatz zu konventioneller Keramik. Dadurch erschließen sich für diese Werkstoffe besondere technische Einsatzgebiete.
An den Deutschen Instituten für Textil- und Faserforschung in Denkendorf werden seit Jahrzehnten keramische Fasern mit speziellen Eigenschaftsprofilen entwickelt. In jüngster Zeit wurden erhebliche Investitionen in Anlagentechnik getätigt, denn Ziel der Forschungsaktivitäten soll es sein, den Herstellungsprozess in die industrielle Fertigung zu überführen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung oxidkeramischer Fasern basierend auf Mullit und Korund.
Etablierte Systeme mit vielen Nachteilen
Bei der Verarbeitung etablierter duroplastischer 2-Komponenten-Epoxidsysteme stehen diesen Zielsetzungen einige Hürden im Weg. So werden in Epoxiden in der Regel Reaktionsbeschleuniger beigesetzt, die eine schnellere Härtung und damit eine kostengünstige Produktion bewirken. Allerdings sind die Harze in dieser Form schlecht lagerungs- und transportfähig: Durch die Reaktionsbeschleuniger verhalten sie sich sehr reaktiv und müssen daher bis zur Verarbeitung mit hohem apparativen Aufwand definiert gekühlt werden.
Bei den etablierten 2K-Epoxidsystemen mischt man Harz und Härter direkt vor der Verarbeitung. Während der Verarbeitung findet die Vernetzung innerhalb einer kurzen Zeitspanne statt. Es besteht dabei die Gefahr der Vorvernetzung, die schon beginnt, bevor die textilen Lagen vollständig vom Harz durchdrungen sind. Ist dieser Prozess nicht perfekt abgestimmt, werden Werkstoffe mit nicht infiltrierten Bereichen erhalten, die minderer Qualität sind. Auch können Lufteinschlüsse bei der Vermischung von Harz und Härter entstehen, die sich nur durch aufwändige Entlüftungstechniken des Epoxidsystems reduzieren lassen.
Harzsysteme aus nur einer Komponente
Den Aufwand dieser anspruchsvollen Prozesstechniken zu reduzieren ist Ziel eines Forschungsprojektes an den DITF Denkendorf, das sich mit der Optimierung und Etablierung von sogenannten latenten Epoxidsystemen befasst. In derartigen Systemen können Harz und Härter in einer bereits einsatzbereiten Mischung vorliegen (Einkompo-nenten-System). Diese Mischung ist zwar hoch reaktiv, doch die Polymerisation kann nicht unkontrolliert und verfrüht einsetzen, da der verwendete reaktionsauslösende Präkatalysator chemisch geschützt ist. Das Harzsystem ist lagerfähig und von gleich-bleibender Viskosität, was einen erheblichen Vorteil für den Infiltrationsprozess darstellt. Die Viskosität kann während der Verarbeitung sogar durch Wärmezufuhr verringert werden, sodass eine blasenfreie Infiltration der textilen Lagen noch besser möglich wird. Der Katalysator wird erst nach abgeschlossener Infiltration bei einer definierten Tempe-ratur aktiviert und leitet dann eine schnelle und vollständige Polymerisation des Epoxidharzes ein.
1K-Systeme sind zwar grundsätzlich bereits kommerziell erhältlich. In diesen wird jedoch die Härterkomponente des Epoxidsystems nur gehemmt. Diese Systeme zeigen jedoch keine vollständige Latenz, da bei ihnen die Aktivierung über einen großen Temperatur-bereich möglich ist und schon knapp über Raumtemperatur eine langsame Vernetzungs-reaktion einsetzt.
Die an der Universität Stuttgart, Institut für Polymerchemie (IPOC), Lehrstuhl für Makro-molekulare Stoffe und Faserchemie und den DITF entwickelten Systeme zeichnen sich hingegen durch eine vollständige Latenz aus: Das 1K-System aus Harz und Härter ist über einen großen Temperatur- und Zeitbereich vollständig stabil und von gleich-bleibender Viskosität.
Die Vorteile des neu entwickelten 1K-Epoxdisystems liegen vor allem in der Möglichkeit, auch große Bauteile unter gleichbleibender Qualität zu infiltrieren und eine anschließende Polymerisation punktgenau, schnell und somit in der seriellen Fertigung praxistauglich umzusetzen. Die Bauteile lassen sich mit konstanter Qualität fertigen. Lufteinschlüsse lassen sich fast vollständig vermeiden. Zu den verfahrenstechnischen Vorteilen zählt, dass keine Mischtechnik für das Harzsystem erforderlich ist und die 1K-Harzsystem einfach und sicher gelagert und transportiert werden können.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden an den DITF Denkendorf latente 1K-Epoxidsysteme auf einen so hohen Entwicklungsstand gebracht, dass sie für die serielle, industrielle Fertigung ausgereift sind. Durch die Kostenersparnisse, die sich dabei in der Prozesstechnik ergeben, kann so die finanzielle Hürde für die Verarbeitung von FVK von klein- und mittelständische Unternehmen einfacher genommen werden.