Verbindung von architektonischer Gestaltung und Baufunktionalität
Die Faszination für textile Technologien und deren Anwendungen in der Architektur war Inspiration und Ausgangspunkt für das Forschungsprojekt 3dTEX, bei dem neuartige Ansätze für ausgeschäumte Textilkonstruktionen entstanden. Fast unbegrenzt scheinen die Möglichkeiten, Fasern unterschiedlichster Materialien in Raum und Fläche anzuordnen und mit artverwandten Materialien auszuschäumen. In der Kombination erweisen sich mehrlagige Abstandstextilien als Alleskönner in der Gebäudehülle und als Wandelemente.
Das durch die Forschungsinitiative ZukunftBAU geförderte Projekt hatte zum Ziel, Alternativen zu gängigen einschaligen Leichtwandelementen wie Sandwichpaneelen und zu additiv gefertigten mehrschaligen Holzständerkonstruktionen zu entwickeln. Die entstehenden Elemente sollten in einem integrierten industriellen Arbeitsgang über die Herstellung der Textilstruktur und das Befüllen mit Schaum ein Maximum an möglichen mechanischen nd bauphysikalischen Funktionalitäten aufweisen.
Erste Messungen zeigen, dass der Verbund aus Textilfasern und Schaum mechanisch bessere Werte erbringt als deren Einzelkomponenten. Ebenso konnte nachgewiesen werden, dass die Kombination textiler Technologien zusammen mit Schäumverfahren das Potential zum Gradientenwerkstoff birgt, wobei sich Schaumporen im Bereich der Decklagen und der Polfäden stärker verdichten als im freien Raum. Einen weiteren fertigungstechnischen Vorteil stellt das Gestaltungspotential von Abstandstextilien als verlorene Schalung dar. Da diese Textilien sehr präzise hergestellt werden können, können zusammen mit dem formgebenden Schaum flächige bis hin zu sehr plastisch geformten Bauelementen gestaltet werden. Entscheidend für alle Anwendungen ist das gewählte Material. Die flexibel gestaltbare Abstandsstruktur eröffnet je nach Faser- und Schaummaterial vielfältige Möglichkeiten, neuartige Leichtbauelemente für das Bauwesen herzustellen.
Gemeinsam mit dem Frankfurter Forschungsinstitut der Frankfurt University of Applied Sciences (FFin) entwickelten die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) auf der Basis von Abstandgeweben Konstruktionskonzepte für mehrlagige textile Gebäudehüllen aus Leichtwandelementen. Exemplarisch wurden dreischichtige Abstandsgewebe entwickelt, deren untere Abstandslage ausgeschäumt die Trag- und Dämmfunktionen übernimmt, während sich die zweite ungeschäumte Lage darüber als textile Hinterlüftungsebene aufspannt und somit die geschäumten Bereiche vor Nässe und UV-Strahlung schützt.
Die gezeigten Demonstratoren bilden eine ideale Kombination aus Leichtigkeit und Stabilität, wodurch zukünftige Bauelemente durch die Freiheitsgrade von graduell aufeinander abgestimmten Faserkonstruktionen und Schaumdichten über eine besonders interessante Qualität gestalterischer Anmut und materieller Wechselwirkung verfügen. Die Fasern übernehmen im Leichtbauverbund die Zugkräfte, der Schaum fängt die Druckkräfte ab. Der Hohlraum sorgt für Hinterlüftung, der Schaum dämmt. So verbindet sich architektonische Gestaltung mit abgestimmter Baufunktionalität. Mit dem gezeigten strukturdifferenzierten Abstandsgewebe können die mechanischen und bauphysikalischen Eigenschaften des Bauteils vielseitig gestaltet werden. Eine materialhomogene Auswahl an Faser- und Schaumstoffen macht es darüber hinaus zu einem leicht recycelfähigen Fassadenwerkstoff. Mit entsprechenden in-situ Schäumen können in Zukunft qualitativ hochwertige industriell hergestellte Abstandstextilien mit minimalem Transportaufwand gefertigt werden, in die weitere Funktionen integriert werden können. Sie sind damit für temporäre Gebäude ideal. Eine auf diese Weise konzipierte Notunterkunft wurde im Rahmen des AED Neuland Award 2017 prämiert.