Flexible, rezeptoraktivierende Inputorthesen zur Behandlung von Bewegungsstörungen bei neuromotorischen Defiziten

Projekt als "ZIM-Erfolgsbeispiel" ausgezeichnet

In der Neurologie spielen Zerebralparesen aufgrund eines gestörten Zentralnervensystems (ZNS) eine zunehmend wichtige Rolle. Ca. 1,9 Millionen Menschen leben in Deutschland mit dieser Behinderung. Ein geschädigtes Zentralnervensystem (ZNS) bzw. das Absterben motorischer Nervenzellen führt zu einer fehlenden Haltungskontrolle der Skelettmuskulatur.

Bisherige Therapiemittel bleiben oft unwirksam. Zu steife und zu wenig dynamische Hilfsmittelversorgungen führen zu einer Deaktivierung der Muskelfunktionen und in vielen Fällen sogar zu einer Verstärkung der Spastizität. Der sensomotorische Bewegungskreislauf ist gestört, weshalb ein dringender Bedarf an Neu- bzw. Weiterentwicklung von Hilfsmitteln zur Behandlung neuromotorisch geschädigter Personen besteht. Das Dynamics Competence Center und das Forschungsinstitut ITV-Denkendorf greifen diese Herausforderung durch die Entwicklung flexibler, rezeptoraktivierender Inputorthesen auf.

Eine gezielte und definierte Kompressionswirkung soll Mechanorezeptoren aktivieren und den Patienten in die physiologische Mittelstellung bringen. Das Rückstellmoment – auch genannt „Memory-Effekt“ - einer flexiblen und elastischen Maschenware unterstützt diesen Prozess. Bisherige Orthesen wurden anhand von einheitlich definierten Mindermaßen und Erfahrungswerten dem Patienten angepasst, sodass letztendlich die Höhe der Kompressionswirkung auf den Patienten bis zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt war.

Dreidimensionale Kompressionswirkung

Bei der Entwicklung einer rezeptoraktivierenden Inputorthese ist die Kompressionswirkung im dreidimensionalen Raum eine zentrale Eigenschaft. Um Rückschlüsse auf die therapeutische Wirkung hinsichtlich Kompressionswirkung, Körperführung und –stabilisierung ziehen zu können, wurden bi-elastische Inputorthesen mit individueller Kompressionswirkung für unterschiedliche Probanden entwickelt. Bei der Herstellung von Inputorthesen muss die Kompressionswirkung definiert und reproduzierbar eingestellt werden. Hierzu wurde ein Berechnungsmodell entwickelt, auf dessen Basis Druck, Spannung und Dehnung aufeinander abgestimmt werden können. Somit kann sich die Inputorthese dreidimensional mit dem Körper bewegen und durch die Bewegung neue Druckimpulse setzen.

Parallel zur Stoffentwicklung wurden neue Schnitte sowie neue Konfektionsverfahren für Inputorthesen entwickelt. Um die Kompressionswirkung so wenig wie möglich durch Nähte zu stören, wurde auf eine Schnittführung mit wenigen Nähten geachtet. Die Nähte wurden so entwickelt, dass sie hochelastisch sind. Bestimmte Körperregionen können somit gezielt mit einer speziellen Nahtführung gestützt und geführt werden.

Die neuen Inputorthesen von DCC als dynamische Orthese lassen sich somit therapiegerecht auf alle individuellen Ansprüche der Patienten (Kinder und Erwachsene ohne Altersbeschränkung) einstellen. Dabei ist es möglich, eine definierte Kompressionswirkung auf Basis der entwickelten Stoffe und des neuen Berechnungsmodells reproduzierbar zu machen und auf andere Stoffe aus dem vorhandenen Tool zu übertragen. Die dreidimensionale Kompressionswirkung als zentrale Eigenschaft von Inputorthesen kann definiert und variabel eingestellt werden. Das gute Zusammenspiel von Textilstruktur, Schnitt und Konfektion führt zu einem erfolgreichen Medizinprodukt auf dem Hilfsmittelmarkt.

IHR ANSPRECHPARTNER

    Dr.-Ing. Sibylle Schmied

    Leiterin Technologiezentrum Maschentechnik

    T +49 (0)711 93 40-383

 

 

Auszeichnung

Das Projekt wurde im Mai 2020 als "ZIM-Erfolgsbeispiel" ausgezeichnet. Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) fördert kreative Unternehmen und deren Forschungspartner.

Link zum Artikel vom BMWi