Schneller, fester, faserverstärkt

Neue Garne erweitern die Möglichkeiten in der additiven Fertigung

Der 3D-Druck, auch „additive Fertigung” genannt, hat sich in den letzten Jahren von der schlichten Herstellung kostengünstiger Kunststoffformteile hin zu einer großen Vielfalt anspruchsvoller technischer Fertigungsverfahren entwickelt. Neben höchst unterschiedlichen für die additive Fertigung eingesetzten Kunststoffen und Metallen hat auch die Art der Druckverfahren selbst einen immer höheren Grad technischer Spezifität erreicht. Für die Herstellung von Prototypen und Kleinserien ist diese Art der Bauteilherstellung konkurrenzlos, da sie schnell und kostengünstig umsetzbar ist. Komplexe Bauteile für technische Anwendungen stellen erhöhte Anforderungen an Drucktechniken, um die Ansprüche an Festigkeit, Gewicht und andere physikalische Eigenschaften erfüllen zu können.

 

Unterschiedliche 3D-Druckverfahren für eine Fülle von Anwendungen

Entsprechend konnten sich bereits verschiedene Druckverfahren etablieren. Beim Lasersintern verschmilzt ein Laserstrahl pulverförmige Ausgangsmaterialien Schicht für Schicht zum fertigen Objekt. Beim selektiven Laserschmelzen werden im ähnlichen Verfahren Metallpulver verschmolzen. Die Stereolithografie und Polygrafie nutzen flüssige Photopolymere, die schichtweise ausgehärtet werden. Das FDM-Verfahren ist jedochdie gängigste Drucktechnik, die sich bereits bis in den Consumer-Bereich verbreitet hat. FDM steht dabei für „Fused Deposition Modeling”, einfach mit „Schmelzschichtung” übersetzt. Ein Endlosband aus einem thermoplastischen Polymer wird in dem auf rund 200 °C aufgeheizten Druckkopf aufgeschmolzen, das Objekt dann Schicht für Schicht aufgebaut. Die einfache Handhabung dieser Technik und geringe Druckkosten prädestinieren das FDM-Verfahren zweifelsfrei für eine Vielzahl von Anwendungen, insbesondere für die Herstellung von Prototypen oder im Consumer-Bereich, in dem die technischen Anforderungen nicht allzu hoch sind. Bedeutende Nachteile des Verfahrens sind indes zum einen die für den technischen Einsatz beschränkten Druckgeschwindigkeiten, da der geschmolzene Thermoplast immer erst abkühlen muss, bevor eine neue Schicht aufgetragen werden kann. Zum anderen ist die Festigkeit der Druckobjekte beschränkt, was sie für den technischen Einsatz nur begrenzt verwertbar macht: Grund ist die niedrige molekulare Orientierung der Polymere nach dem Aushärten. Druckverfahren, die eine Steigerung der Druckgeschwindigkeit mit erhöhten Bauteilfestigkeiten kombinieren, sind demnach für technische Anwendungen unabdingbar.

 

Faserverstärkung schafft hochfeste Bauteile

An dieser Stelle kommt der faserverstärkte 3D-Druck unausweichlich ins Spiel. Neben den o. g. Vorteilen ermöglicht diese Technik bei der Verwendung passender Verstärkungsfasern und Polymere auch eine Optimierung der Festigkeits-/Gewichtsverhältnisse, denn die eingesetzten Fasern verleihen den Druckobjekten höhere Festigkeit, ohne das Gewicht zu erhöhen.
Im faserverstärkten 3D-Druck sind derzeit zwei grundlegend unterschiedliche Konzepte etabliert: Der Druck mit Kurz- oder mit Endlosfasern. Kurzfasern werden dem Druckpolymer direkt beigemischt, ermöglichen weiterhin eine einfache Drucktechnik, während die Festigkeiten der Druckkörper nur moderat verbessert werden. Der Druck mit Endlosfasern ist anspruchsvoll, da zwei Düsen zum gleichzeitigen Drucken benötigt werden. Eine Düse extrudiert den thermoplastischen Kunststoff, die andere die Verstärkungsfasern. Es ist möglich, Endlosfasern definiert in Lastrichtung des Bauteils einzubringen. Das ist der herausragende Vorteil gegenüber der Verwendung von Kurzfasern, mit denen nur Bauteile geringerer Festigkeit herzustellen sind. Der Druck mit Endlosfasern ist gut geeignet, um kleinmaßstäbige Bauteile gezielt zu verstärken. Zum Einsatz kommen hier oft hochfeste Verstärkungsfasern aus Carbon, Glas oder Aramid. Verstärkungsfasern können entweder in das Matrixpolymer aus der zweiten Extrusionsdüse vollständig eingeschmolzen oder in einem anderen Verfahren als Tape gleichsam in das Druckobjekt „eingebügelt” werden.

 

Neue Garne für den faserverstärkten Druck

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt man im Kompetenzzentrum Hochleistungsfasern an den DITF in der Arbeitsgruppe von Dr. Erik Frank. Im Forschungsprojekt „FaserFab” werden vorbereitete Garne als ausschließliches Druckmaterial für den faserverstärkten 3D-Druck verwendet. Mehrere Einzelkomponenten sind nicht mehr notwendig. Die Druckgeschwindigkeiten können bei gleichzeitiger Kostensenkung verringert werden. Als besonders hochfeste Verstärkungsfasern kommen Carbonfasern zum Einsatz, die an den DITF entwickelt und für die Druckanwendungen optimiert werden. Für den 3DDruck werden die Fasern als Garn oder Band vorbereitet. Die Polymermatrix ist Bestandteil des Garnes. Das Polymer, in diesem Fall PA6, wird als Umwindegarn auf die Kernfasern aus Carbon aufgebracht. Der faserverstärkte Druck kann dann mit nur einer Spinndüse erfolgen – unter dauerhafter Zuführung eines Endlosgarnes. Beim Umwindegarn wird nur die umwundene Faser in der Druckdüse aufgeschmolzen und in die Kernfaser eingepresst.
Weitere Umwindegarne sollen in diesem Forschungsprojekt entwickelt und optimiert werden. So waren erste Versuche mit PET-Kernfasern und umwundenen PLA-Garnen bereits erfolgreich. Des Weiteren werden PA6.6-Kernfasern mit PLA kombiniert. Als Kerngarne sollen ebenfalls Metallfasern-Multifilamente und Glasfasergarne vorbereitet und für die reibungslose Zuführung in den 3D-Drucker optimiert werden. Die DITF stellen die Garne an Umwindemaschinen selbst her. Die so unterschiedlichen Materialien der Kerngarne können ein breites Anforderungsspektrum an die gedruckten Bauteile abdecken. Neben der Verwendung von Umwindegarn wird ein weiterer Ansatz verfolgt: Hierbei soll das vorbereitete Druckfilament eine Bikomponentenfaser sein. Diese Faser besteht aus einem hochschmelzenden Kern, der von einem aufschmelzenden Mantelpolymer umgeben ist. Die Bikomponentenfasern können an den hauseigenen Spinnanlagen der DITF ebenfalls selbst hergestellt werden. Der Kern besteht aus PET, der Mantel aus PBT. Beide Materialien haben unterschiedliche Schmelzpunkte, sodass über eine definierte Temperaturführung im Drucker nur eine Komponente aufgeschmolzen wird, während die andere als Verstärkungsfaser erhalten bleibt.
Als grundsätzliche Vorgabe beim faserverstärkten 3D-Druck gilt es, einen hohen Faserfüllgrad im Bauteil zu erreichen. Denn nur optimal dicht gepackte Faserbündel garantieren höchste Bauteilfestigkeiten. Die beschriebenen Umwinde- und Bikomponentengarne sind besonders gut geeignet, um hohe Faserfüllgrade zu erreichen. Sie ermöglichen in der Extrusionsdüse die Verarbeitung unter hohen Drücken, die zum Verdichten der Kernfasern notwendig sind. Erste Laborprüflinge liefern bereits vielversprechende Ergebnisse: PET-Kernfasern mit einem Umwindegarn aus PLA ermöglichten Bauteile mit hohem Faserfüllgrad und gegenüber einem aus reinem PET hergestellten Vergleichskörper schon deutlich erhöhten Festigkeiten. Die Düsengeometrie und das Temperaturprofil erfordern jedoch noch Verbesserungen, insbesondere auch im Hinblick auf schnellere Druckgeschwindigkeiten.
Es ist absehbar, dass die an den DITF zu entwickelnden, neuartigen Garne die Produktionsgeschwindigkeiten erhöhen und technischen Einsatzbereiche von 3D-gedruckten Bauteilen erweitern. Ihr Interesse an der Entwicklung der Druckgarne haben bereits namhafte Druckerherstellende angemeldet, da sie sich einen Wettbewerbsvorteil in diesem sich schnell entwickelnden Markt versprechen.

IHR ANSPRECHPARTNER

    Dr. rer. nat. Erik Frank

    Stv. Leiter Kompetenzzentrum Hochleistungsfasern

    T +49 (0)711 93 40-133